„Glaubt mir, ich lüge!“ Wie American Apparel Marketing-Chef Ryan Holiday Aufmerksamkeit provoziert

Marketing-Chef Ryan Holiday ist Meister darin, mit wenig Marketing-Geld viel Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Gier der Internet-Medien nach immer mehr Page-Impressions nutzt Ryan Holiday dabei clever aus.

Die Hauptsache für den Schriftsteller & PR-Experten: Er will eine Reaktion erzeugen, ob Freude, Aufregung oder Skandal, ihm ist jedes Mittel recht, solange es die Aufmerksamkeit der Medien und somit auch die potenzieller Kunden erzeugt. Ein paar seiner Tricks verrät uns Ryan Holiday im Interview.

Buch-Werbung: Noch mehr Tipps gibt es in Ryans Buch „Trust Me, I’m Lying“. Hier der Link zum Buch bei Amazon: Trust Me, I’m Lying: Confessions of a Media Manipulator

Deutsche Zusammenfassung vom Englischen Interview mit Ryan Holiday

Willkommen bei VentureTV, ich bin hier mit Ryan Holiday. Ryan ist Direktor von Marketing bei American Apparel. Das ist schon ein cooler Titel, aber ich würde es als Marketingphänomen nennen. Denn du hast ein paar tolle Kampagnen geschaffen, die einen riesigen Buzz fast ohne Budget geschaffen haben. Mittlerweile hast du auch ein Buch darüber geschrieben. Aber für die Leute, die dich nicht kennen, erzähl uns ein bisschen mehr über dich.

Ryan Holiday:
Es macht mich sehr glücklich, mit Kunden wie American Apparel zu arbeiten und bestseller Autoren wie Tucker Max, Robert Greene, Tim Ferriss, die es mir ermöglichen, Risiken einzugehen und mit Dingen zu experimentieren. Sozusagen die Grenzen von Marketing, PR und Advertisement zu testen. Dinge zu versuchen, die andere immer haben wollten aber Angst hatten diese umzusetzen.

Wir haben also sehr viele Fake-Publicity-Stunts zu kontroversen Advertisements gemacht und die Leute haben darüber berichtet. Wir wollen auf einzigartige Art und Weise Aufmerksamkeit bekommen. Nicht jeder Kunde ist für sowas bereit ich hatte jedoch das Glück Kunden zu finden die mir vertrauen.

André Vollbracht:
Man kann also sagen, dass sich in der Medienwelt sehr viel verändert. Zeitungen haben eine fallende Auflage seit 1983 und sterben langsam aus. Es gibt Millionen von Blogs, die auf die Page-Impressions abzielen. Viele Leute sagen, das ganze Mediensystem sei völlig kaputt. Und du sagst, großartig, lass uns etwas damit machen.

Ryan Holiday: Ja, ich weiß nicht, ob ich großartig bin, das Buch ist eine These um zu sagen „Cool, lasst uns was daraus machen“.

André Vollbracht: Das Buch heißt Trust Me, I’m Lying.

Ryan Holiday: Ja, in der aktuellen Lage müssen sich die Markteilnehmer anpassen. Das ist das Spiel. Ob es Gefällt oder nicht, müssen wir es spielen. Und ich konnte es wirklich gut analysieren, indem ich mir angeschaut habe, wie es funktioniert, wer die Influencer sind, warum es so ist und wie man es nutzen kann. Aufmerksamkeit ist die Währung mit der das Web funktioniert.

Und wer das nicht verstehst oder seine Strategie nicht verändert wird sich fragen warum seine Marketingaktivitäten nicht funktionieren. Aber ich weiß, warum es nicht funktioniert. Es funktioniert nicht, weil du die falschen Trigger auslöst oder die falschen Knöpfe drückst.

André Vollbracht: Was wären die richtigen Trigger?

Ryan Holiday:
Die richtigen Trigger sind die Dinge, die eine Reaktion auslösen. Was man teilen und verbreiten kann. In meinem Vortrag habe ich das Zitat von Henry Jenkins verwendet, wo er sagt, in der Welt des Webs, wenn es sich nicht verbreitet, ist es tot.

If It Doesn’t Spread, It’s Dead

Henry Jenkins

Und so viele Menschen produzieren Content und haben sich nie darüber Gedanken gemacht, warum jemand das einer anderen Person erzählen würde. Es ist nicht wie in den alten Tagen, in denen man eine großes Plakat am Times Square aufhängen konnte und das war dann genug um Menschen zu erreichen. Jetzt machst du ein Facebook-Post und der muss eine bestimmte Anzahl von Likes, Shares und Kommentaren haben um Menschen zu erreichen. Und die Art, wie man das macht, ist indem man eine Reaktion provoziert. Egal bb das Humor ist, Angst oder ein praktischer Nutzen (Mehrwert Post). Jede Art von Reaktion, wie „hey, das ist fantastisch, das ist wirklich hilfreich, du musst das lesen!“ führt zum Ziel.

Ryan Holiday: Wenn dein Content oder deine Nachrichten oder was auch immer du machst, das nicht tut, dann bist du aufgeschmissen.

André Vollbracht: Um etwas präziser zu werden, sollten wir einige Beispiele nennen. Wir sprechen über die Theorie. Aber du hast schon sehr cooles Zeug gemacht. Was gefällt dir am meisten aus deinen Kampagnen?

Ryan Holiday: Ok, das letzte Buch von Tim Ferris wurde vom Buchhandel in den USA verbannt, weil er mit Amazon zusammengearbeitet hat. Wir fanden das drangsalierend. Unsere Antwort war: „Das ist das meiste verbannte Buch der Geschichte“. Das war unser Slogan und wir haben dieses Negativ in ein Positiv verwandelt. Darüber haben viele Leute berichtet.

Stell dir vor du hast ein Start-up. Du arbeitest an einer Sache und du bekommst eine Abmahnung von einem deiner Mitbewerber der sagt, dass du schließen musst. Da bekommt man erstmal Panik. Aber das könnte ein toller Weg sein, um Aufmerksamkeit für dein Produkt zu bekommen, weil jeder sich auf die Seite der Außenseiter stellt.

André Vollbracht: Deine Marketing-Ansätze scheinen für Firmen zu sein die viel Wagen. Es ist nicht wirklich etwas für große Unternehmen, Banken oder ähnliche. Für welche Art von Unternehmen sind deine Marketing-Hacks geeignet?

Ryan Holiday: Ich denke, diese Dinge machen sicherlich mehr Sinn für Waschtum-Firmen oder aufsteigende Unternehmen als für ein multibillionen-Dollar-Unternehmen das schon lange am Markt ist. Für diese versuchst du einfache Dinge die nicht so verrückt sind. Aber das große Problem, das die meisten Menschen haben, ist, dass niemand weiß, wer wir sind.

Wie lösen wir das? Darauf sollte man viel mehr Energie verwenden um bekannter zu werden. Es gibt viel weniger Unternehmen die sagen: „wir sind eine riesige Firma, wie bekommen wir 1% mehr Aufmerksamkeit?“ Ich finde das auch ein bisschen langweilig. Aber ich würde auch sagen, wenn du eine große Marke bist, hast du wahrscheinlich viele alte Werte. Wie bleibst du heute relevant? Du musst Dinge produzieren, die dich ins Gespräch bringen und worüber Leute reden.

André Vollbracht: Virales-Marketing ist für Start-ups die bekannt werden wollen. Hast du ein paar Beispiele von Kampagnen die Shitstorms erzeugt haben? Wenn du extreme Sachen über deine Firma erzählst, gibt es immer das Risiko, dass es zurückfeuert. Gibt es Dinge oder Geschichten wo so was passiert ist?

Ryan Holiday: Ich denke Airbnb ist ein tolles Beispiel eine Startups mit Aufmerksamkeit, weil es lustig und süß ist und tolle Dinge machen. Als sie größer wurden, gab es mehr und mehr für Blogs die negativ & kontrovers über Airbnb geredet haben. Zum Beispiel hat Techcrunch ein Story geschrieben wie eine Wohnung verwüstet wurde. Vor ein paar Jahren wurde das sehr Kontrovers diskutiert. Ich nenne das Monster füttern. Du bist eine junge Firma, du bekommst all diese Veröffentlichungen, du liebst Blogs. Du musst dir klar machen, das sind nicht deine Freunde. Sie berichten über dich aus eigenen Gründen. Ab einem gewissen Punkt kann eine negative Geschichte genauso gut für sie sein wie eine positive.

André Vollbracht: Oder sogar besser.

Ryan Holiday: Ja, sogar besser. Also musst du vorsichtig sein und darauf vorbereitet sein das sowas passiert, weil es wahrscheinlich passieren wird.

André Vollbracht: Also sollte man sich auf einen ShitStorm vorbereiten? Hast du ein paar gute Tipps für Gründer wie sie sich auf schlechte Presse vorbereiten können?

Ryan Holiday: Mit Vorbereitung meine ich nicht, dass man es verhindern kann. Ich meine, dass man bereit sein muss, dass es passiert. Und man muss wissen, dass es dazu gehört und es Wege gibt damit umzugehen.

Ryan Holiday: Genau, und wie man nicht überreagiert und die Situation schlimmer macht, indem man schlecht reagiert. Ich denke, das ist ein großer Teil der Vorbereitung. Natürlich kann man versuchen, zu denken, das ist, wo wir schwach sind, das ist, wo es gefährlich wird und man kann darüber nachdenken. Aber wenn man offen mit Journalisten kommuniziert, hat man hat direkten Zugang zu seinen Fans. Dann ist es auch unwahrscheinlich, dass das, was passiert wird, so katastrophal wird, dass man sich nicht davon erholt.

André Vollbracht: Also sei offen über deine Fehler mache es nicht schlimmer und es wird irgendwie funktionieren. Das war sehr inspirierend, mit dir darüber zu sprechen. Danke für das Interview.

Ryan Holiday: Danke, für das Interview.

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